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19/9–14/11/2025

Mazeltov! oder Glück gehabt!

Ausstellung und Theaterstück
anlässlich 80 Jahre Kriegsende

Inhalt
Der Librettist Alfred Grünwald soll 1938 seiner jüdischen Herkunft wegen  von der Gestapo abgeholt und festgenommen werden. Doch plötzlich tummeln sich in seiner Wohnung nicht nur pflichtgetreue Nazigehilfen, sondern auch Operettendiven, ein jüdischer Damenschneider und andere Knallchargen. Sogar der hinkende Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels tritt auf. Er soll hier ein geheimes Stelldichein mit einer seiner Affären haben! Als schließlich auch noch seine eifersüchtige Ehefrau Magda auftaucht, steigern sich die Turbulenzen zum grotesken Höhepunkt.

Gibt es für Grünwald und seine Schützlinge eine Chance, dem Unheil zu entkommen?

Team Theater
Drehbuch & Regie: Daniel Pascal
Produktionsleitung: Valerie Anna Gruber
Bühnenbild: Daniel Sommergruber
Schauspieler*innen: Michael Fernbach, Daniel Pascal, Sandra Pascal, Valerie Anna Gruber, Manuel Dragan, Alfred Aichholzer, Christof Wrussnig und Peggy Forma

Ausstellende Künstler
Manfred Bockelmann, Hans-Peter Profunser, Daniel Sommergruber

Termine & Tickets hier

 

 

Liebes Publikum!

Ich hatte das Stück „Mazeltov! oder Glück gehabt!“ zum ersten Mal gelesen und mir war klar: es muss endlich zur Uraufführung gebracht werden! Eine wunderbare Verwechslungskomödie mit bissigen Pointen und tiefgründigen Einsichten, bei der einem das Lachen mitunter im Hals stecken bleibt, kann man dem Publikum nicht länger vorenthalten.

Als ich bei einer Veranstaltung hörte, dass der Klagenfurter Burghof in der NS-Zeit das Gestapo Hauptquartier für Kärnten war, kam mir die zündende Idee: Hier gehört dieses Stück hin! Selten findet man doch die Möglichkeit, an einem für dieses Thema so passenden, geschichtsträchtigen Ort Theater zu machen. Doch eine Uraufführung im Burghof blieb „Mazeltov! oder Glück gehabt!“ verwehrt, worüber ich inzwischen sehr dankbar bin. Denn dadurch fand ich das Künstlerhaus als neuen Spielort und der Kunstverein Kärnten wurde sogar Koproduzent – die Idee des partenübergreifenden Projektes war geboren: Theater mit Ausstellung, Ausstellung im Theater! So viel umfangreicher, so viel spannender ist das Projekt dadurch geworden.

Sie, verehrtes Publikum, haben nun nicht nur die Möglichkeit, einen Theaterabend zu genießen, sondern auch die Ausstellung zu besuchen, das Bühnenbild zu erkunden und dabei immer die beiden künstlerischen Disziplinen hautnah zu erleben.

Mein Wunsch ist es, dass wir mit diesem Projekt wachrütteln, aber auch Mut machen, denn wir leben in einer Zeit, in der die Parallelen zu damals erschreckend groß sind. Und es braucht viel Mut und Entschlossenheit und Fantasie, um sich Intoleranz, Dummheit und Unterdrückung entgegenzustellen.

Machen Sie sich mit uns auf diese Reise.
Ein bewegendes Kulturerlebnis wünscht Ihnen,

Valerie Anna Gruber
Künstlerische Leitung

 

Glück gehabt!

Unter den Eindrücken von Nine Eleven formierte sich die Idee, dass mein nächstes Stück genau das zum Thema haben sollte: die Unver­frorenheit, dass sich jemand anmaßt, dir dein eigenes Leben zu verbieten. Unfassbar erschien es mir, eine Zumutung sondergleichen. Schockstarre und Wut setzten ein. Die Überzeugung, wie wehrlos ich einem solchen Aus-löschungs­versuch gegenüberstünde, ließ mich nach einem Auswegs- Szenario suchen. Und dann konzentrierte sich plötzlich alles auf diesen einen Punkt: Dass ich schon geraume Zeit beherrscht war von dem Gedanken, dass ich nur kraft meiner Phantasie und vielleicht meines Witzes Abscheuliches abwenden kann. Und dass ich niemals aufhören werde, gegen menschliche Ignoranz, Intoleranz und Dummheit anzukämpfen.

Das Echo auf mein Stück bei geneigten Leserinnen, meinem Verlag, Theater­menschen war so positiv, dass ich mir um den Weg, den „Mazeltov! oder Glück gehabt!“ nehmen würde, nie wirklich Sorgen gemacht habe. Als sich dann aber kein Theater finden wollte, dieses Stück zu spielen, suchte ich Rat bei einem Zeitzeugen, und schickte Georg Kreisler mein Stück. Seine Reaktion hat mir unendlich Mut gemacht. Ich möchte mich hier einmal ganz herzlich bedanken bei den vielen Leserinnen und Lesern, die meinem Stück eine Chance gegeben haben.

Ein ganz besonderes Dankeschön geht an Valerie Anna Gruber, die nicht nachgelassen hat daran zu glauben, dass wir „Mazeltov!“ endlich auf die Bühne bringen können.

Daniel Pascal
Autor und Regisseur

 

Komödie muss sein

Nach Auschwitz kein Gedicht schreiben, dieses verzweifelte Dictum Adornos ist sehr häufig zu hören und zu lesen und ist dennoch leicht misszuverstehen. Es verlangt ja nicht Abschaffung der Literatur. Es ist ein Versuch, das Unbegreifliche der Naziherrschaft und des Naziterrors begreiflich zu machen. Dichtung, Literatur, ist konstituierender Teil unseres Verständnisses darüber, was der Mensch sei. Und das seit grauer Vorzeit und nicht erst seit der Fertigkeit des Menschen, sein Treiben mit weißem oder rotem Material auf den Wänden der steinzeitlichen Wohnhöhlen zu notieren. Schreiben war von jeher nicht nur das Aufzeichnen der letzten Weizenlieferung und das Bestellen der nächsten Weinlieferung, sondern immer der Versuch auszuloten, was wir Menschen vernunftmäßig leisten sollten, und was wir emo­tional verkraften können.

Geschichten erzählen, schreiben, Literatur machen war für die Menschen im antiken Griechenland der Versuch, mit dem Schrecklichen, dem Grauen, dem Dunklen ihrer Geschichte umzugehen. Die großen Drei in der griechischen Antike Aischylos, Sophokles, Euripides hatten einen ganzen Katalog von Konflikten zu behandeln.

Ein Beispiel: Die Verantwortung des Individuums in Konfrontation mit einem autokratischen Staat: Sophokles‘ Antigone. Kreon hat Antigone verboten, ihren im Kampf um die Nachfolge der Herrschaft Thebens erschlagenen Bruder zu bestatten. Antigone, seine zukünftige Schwiegertochter, ist überzeugt davon, dem Auftrag der Götter folgen zu müssen, und beerdigt ihren Bruder. Kreon, seinen Herrscherwillen zur Staatsräson verklärend, lässt Antigone zum Tod verurteilen. Er will sie lebendig einmauern lassen.

Hämon, sein Sohn, bittet Kreon um Gnade. Kreon bleibt unerbittlich. Die Folge: Antigone will sich Kreons Zugriff entziehen und erhängt sich. Hämon erfährt von ihrem Tod, ersticht sich. Eurydike, Kreons Frau, erleidet – wir würden heute sagen – einen Schocktot. Jetzt erst, nach der Katastrophe, ist Kreon im Stand zu erkennen, was er angerichtet hat. Er hat die Menschen, die ihm am nächsten waren, in den Tod getrieben. Er akzeptiert seine Verantwortung, nimmt die Schuld auf sich, wird ein anderer Mensch.

Und dann sollen die Athener des Jahres 442 vor Christus frohgemut nach Hause gegangen sein? Natürlich nicht. Sie wurden durch ein Satyrspiel in eine völlig andere Stimmung versetzt. Das war von alters her der Ausklang eines noch so blutigen Theaterspektakels. Die Zuschauer werden mit einer Komödie belohnt – sei es mit einer Variation der vorausgegangenen Tragödien, sei es mit einem neuen Stoff. Oder soll man sagen: Entlastet?

Und hier landen wir wieder bei unserem eingangs erwähnten Verdikt Adornos, nach Auschwitz keine Gedichte mehr zu schreiben. Im Blick auf das Stück des heutigen Abends ist zu fragen: Muss Lite­ratur bzw. Theater nicht den Versuch machen, das Verrückte, das Komische, das Bizarre der Nazigrößen und der Nazischergen zu zeigen?

Gern wird an die Versuche der Vergangenheit erinnert: an SEIN ODER NICHT SEIN, den Film von Ernst Lubitsch, an das gleichnamige Theaterstück von Nick Whitney, an DER AUFHALTSAME AUFSTIEG DES ARTURO UI von Bertolt Brecht, an DER GROSSE DIKTATOR, den Film von Charlie Chaplin.

Sieht man heute Filmaufnahmen von Goebbels, Hitler und ihres­gleichen fällt vor allem das Verrückte, Groteske, Popanz-artige auf. Sie schreien, sie polemisieren, sie verzerren, sie lügen. Auffällig vor allem: Sie waren elend-schlechte Schauspieler.

Wie konnten Millionen auf sie hereinfallen? Auch das muss Theater fragen.

Klaus Dieter Wilke
Regisseur, ehemals Schauspieldirektor
Landestheater Linz



Kleine Galerie

19/9—14/11/2025

OLEG & LUDMILLA
Das vertraute Ungreifbare

Unsere Arbeiten zeigen phantasievolle Welten in Form von Objektkästen bzw. Dioramen, die unter anderem gegenwärtige und vergangene Ereignisse thematisieren. Es sind Scheinwelten, verschobene Wirklichkeiten wie auch neu kreierte Wesen, die ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. Die Collagen, Assemblagen und Kastenkonstruktionen basieren ihrerseits auf den Prinzipien von Akkumulation, Auswahl, Anordnung und Einschließung. Die Herausforderung besteht darin, künstlerische Formen zu finden, die imstande sind, die zahllosen poetischen Verbindungen der einzelnen Gegenstände herauszudestillieren und ihnen einen Rahmen oder eine Form zu geben – gleichzeitig aber jene Offenheit zu bewahren, um deren assoziative Möglichkeiten zur Entfaltung kommen zu lassen.

Das Greifen nach Bedeutung ist der Faden: Die Geheimnisse von Materie, Zeit, Bewegung, Raum und Licht, Zufall und Natur sind aufzuspüren. Wir schaffen in unseren Arbeiten eine Verknüpfung von Aktuellem und Historischem, aber auch von Profanem und Individuellem – unsere Arbeitsweise spannt einen Bogen von spontaner Intuition, klar strukturierter Komposition bis hin zu akribischer Detailgenauigkeit. Die Miniaturwelten sind Zeitfenster voller Entdeckungs- und Assoziationsmöglichkeiten.

Künstler*innen:
Reinhold Egerth
Christine Pirker

 

 

 

 

 

Alle Fotos © Johannes Puch



OLEG & LUDMILLA, die Kontinuität der leeren Versprechungen, 2022
© Pixelstorm